Allein der Anblick lässt Herzen schneller schlagen – Vorfreude oder Angst?

Flugangst – ein Phänomen in den Wechseljahren?

So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. Fakt ist aber, dass Ängste durchaus in Zusammenhang mit hormonellen Disbalancen stehen können. Natürlich betrifft Flugangst Menschen jeden Alters und Geschlechts, aber eine Verbindung mit den Wechseljahren scheint eine nicht ganz unbedeutende Rolle zu spielen. Dieser Beitrag soll aufzeigen, inwieweit diese spannende Lebensphase mit auftretender Flugangst  verbunden sein kann.

Wechseljahre und die psychologischen Auswirkungen

Die Wechseljahre, auch als Menopause bekannt, sind eine Phase im Leben jeder Frau, die durch hormonelle Veränderungen gekennzeichnet ist. Neben den physischen Veränderungen können die hormonellen Schwankungen auch erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. Viele Frauen berichten von Stimmungsschwankungen, Angstzuständen und Schlafstörungen während dieser Lebensphase. Diese psychologischen Veränderungen könnten sich negativ auf das Wohlbefinden und die Selbstsicherheit auswirken, was wiederum Ängste verschiedenster Art auf den Plan rufen könnte. Somit auch Flugangst.

Flugangst ist nicht gleich Flugangst

Kontrollverlust, Platzangst, eine unmittelbar drohende Gefahr oder – in meisten Fällen – die Angst vor der Angst. Die Auslöser sind so individuell wie der Mensch selbst. Hier geht es um die rein hypothetische Angst, die Eventualität, dass sie auftreten könnte. Die sogenannte Angst vor der Angst. Anders als bei genau einzugrenzenden Auslösern wie zu wenig Platz, das Gefühl des Ausgeliefertseins oder der Höhenangst (den Beitrag gibt es hier), macht sich diese spezielle Art schon Tage oder Wochen vor Abflug bemerkbar. 

Die Angst vor der Angst

„Dir wird schon nichts passieren.“ „Die Crew will auch wieder nach Hause.“ „Stell dich nicht so an.“ Diese Sätze dürften den meisten Betroffenen aus dem nahen Umfeld bekannt vorkommen. Für Menschen, die selbstverständlich in ein Flugzeug steigen, wie andere in ein Auto, ist diese Art von Angst nicht nachzuvollziehen. Betroffene kennen die beklemmenden körperlichen Anzeichen nur allzu gut. Schwindel, Herzrasen, Scheißausbrüche, Übelkeit und Atemnot sind typisch und überrumpeln die Betroffenen  in der Nacht oder im Alltag. Allein der Gedanke an einen geplanten Flug kann o. g. Symptome (und viele andere) auslösen. Und so kommt das Gedankenkarussell in Schwung. Meist endet die Fahrt mit der Horrorvorstellung, dass mitten im Flug – schlimmstenfalls über einem Ozean – genau diese körperlichen Reaktionen auftreten und Betroffene sie allein nicht in den Griff bekommen und es in einem Panikanfall endet, der nicht selten ein Gefühl von Todesangst hervorruft. Allein diese Wahrscheinlichkeit macht eine Flugreise beinahe unmöglich. Denn nicht allein die Angst bezwingt die Gedanken, hinzu kommt noch die Scham möglicherweise vor fremden Menschen die Kontrolle zu verlieren. Doch wie schade ist es, dass sich physisch kerngesunde Menschen einen großen Teil Lebensqualität nehmen lassen und einmalige Erlebnisse versäumen?

Studien belegen den Zusammenhang von Hormonen und Ängsten

Es gibt eine Vielzahl von Studien und Forschungsergebnissen, die darauf hinweisen, dass hormonelle Schwankungen einen Einfluss auf die Entstehung und Intensität von Ängsten haben können. Hormone wie Östrogen und Progesteron spielen eine bedeutende Rolle im Zusammenhang mit emotionalen und psychischen Zuständen.

  • Östrogen und Serotonin: Östrogen, das vor allem in den weiblichen Fortpflanzungsorganen produziert wird, beeinflusst die Verfügbarkeit von Serotonin, einem Neurotransmitter, der eine wichtige Rolle bei der Regulation der Stimmung spielt. Ein Rückgang des Östrogenspiegels, wie er während der Wechseljahre auftritt, kann zu einem niedrigeren Serotoninspiegel führen, was wiederum mit Angstzuständen in Verbindung gebracht wird.
  • Progesteron und GABA: Progesteron ist ein weiteres wichtiges Hormon, das in Verbindung mit Ängsten steht. Es interagiert mit Gamma-Aminobuttersäure (GABA), einem Neurotransmitter, der beruhigende Effekte im Gehirn hat. Ein Mangel an Progesteron kann zu einer verminderten GABA-Aktivität führen, was zu erhöhter Erregbarkeit und möglicherweise zu Angstsymptomen beiträgt.
  • Hormonelle Veränderungen in Lebensphasen: Neben den Wechseljahren können auch andere Lebensphasen, wie die Pubertät, Schwangerschaft und der Menstruationszyklus, hormonelle Veränderungen mit sich bringen, die mit emotionalen Schwankungen und Ängsten verbunden sein können.
  • Postnatale Depression: Hormonelle Veränderungen nach der Geburt können zu einer postnatalen Depression führen, die oft von intensiven Ängsten begleitet wird. Ein drastischer Abfall der Hormone nach der Geburt kann das emotionale Gleichgewicht beeinträchtigen.

Der Zusammenhang zwischen Hormonen und Ängsten ist komplex, und nicht jeder Mensch, der hormonelle Veränderungen durchläuft, entwickelt zwangsläufig Ängste. Die genauen Mechanismen und individuellen Unterschiede sind noch Gegenstand intensiver Forschung. 

Seminare gegen Flugangst

Ein Flugangstseminar ist darauf ausgerichtet, Menschen dabei zu helfen, ihre Ängste vor dem Fliegen zu verstehen, zu bewältigen und zu überwinden. Solche Seminare werden von Experten geleitet, die Erfahrung in der Behandlung von Flugangst haben, oft in Zusammenarbeit mit Fluggesellschaften oder spezialisierten Institutionen. Die meisten Seminare beinhalten folgende Segmente:

  • Theoretische Einführung: Die Teilnehmer erhalten Informationen über die grundlegenden Aspekte des Fliegens, die Technik von Flugzeugen und die Sicherheitsmaßnahmen. Ziel ist es, durch Aufklärung eventuelle Missverständnisse oder falsche Vorstellungen zu reduzieren.
  • Ängste verstehen: Die Seminarleiter ermutigen die Teilnehmer dazu, ihre individuellen Ängste zu identifizieren und zu verstehen. Dies kann durch Diskussionen, Fragebögen oder Gruppenaktivitäten erfolgen.
  • Bewältigungsstrategie:Es werden verschiedene Bewältigungsstrategien vorgestellt, um mit Flugangst umzugehen. Atemtechniken zur Entspannung, kognitive Verhaltenstherapie, Visualisierungsübungen und andere psychologische Methoden sind Beispiele.
  • Praktische Übungen: Die allermeisten Seminare enden mit einem gemeinsamen Flug. Für Betroffene ist das oft ein Meilenstein auf dem in ein neues (Reise-)Leben.
  • Erfahrungsaustausch: Teilnehmer haben oft die Möglichkeit, ihre Erfahrungen und Ängste mit anderen zu teilen. Schon die Tatsache, nicht alleine zu sein, lässt die Teilnehmer wachsen.
  • Flugbegleiter-Training: In einigen Seminaren werden Flugbegleiter oder Piloten eingeladen, um den Teilnehmern die Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen und mehr Vertrauen in die Sicherheitsaspekte des Fliegens zu gewinnen.
  • Abschluss und Ausblick: Viele Seminare schließen mit einem Ausblick auf die Fortschritte der Teilnehmer und Strategien für die Zeit nach dem Seminar ab. Es wird betont, dass die Bewältigung von Flugangst ein schrittweiser Prozess ist und eine weitere Begleitung wird angeboten.

Einige Seminare sind kurzfristige Workshops, während andere eine längere Laufzeit haben. Der Erfolg eines Seminars hängt auch von der Bereitschaft der Teilnehmer ab, sich auf die angebotenen Strategien einzulassen und aktiv mitzuarbeiten.

Atemtechniken und Entspannungsübungen

Atem- und Entspannungstechniken haben sich als äußerst effektiv erwiesen, um die Symptome von Flugangst zu lindern und die nervöse Spannung zu reduzieren. Indem man sich bewusst auf den Atem konzentriert und Entspannungsübungen durchführt, kann man den Körper beruhigen, die Angst mindern und eine positive Einstellung zum Fliegen entwickeln.

  • Tiefe Bauchatmung: Langsam und tief in den Bauch ein- und ausatmen. Dabei wird empfohlen, beim Einatmen bis vier zu zählen, den Atem kurz anzuhalten und dann langsam auszuatmen (und dabei bis acht zu zählen). Diese Atemtechnik kann dazu beitragen, den Körper zu beruhigen und Stress abzubauen.
  • Progressive Muskelentspannung: Nacheinander verschiedene Muskelgruppen des Körpers anspannen und dann bewusst entspannen. Beginnend bei den Zehen und sich bis zum Kopf vorarbeitend, hilft diese Methode, die körperliche Anspannung zu reduzieren.
  • Visualisierung: Während des Fluges eine ruhige und angenehme Szene vorstellen, wie zum Beispiel einen schönen Strand oder einen ruhigen Wald. Durch die Konzentration auf alle Details dieser Szene können diese Gedanken von der Flugangst ablenken.
  • Meditation: Meditationstechniken wie Achtsamkeitsmeditation praktizieren, um Gedanken zu beruhigen und die Wahrnehmung auf den gegenwärtigen Moment zu lenken. 
  • Achtsamkeit: Während des Fluges  achtsam sein und sich bewusst auf  Sinneswahrnehmungen konzentrieren, wie zum Beispiel das Gefühl des Atems, Geräusche um sich herum oder die Berührung des Körpers mit dem Sitz. Diese Praxis kann helfen, sich von belastenden Gedanken zu distanzieren.
  • Entspannungsmusik oder -podcasts: Das Hören von beruhigender Musik oder Entspannungspodcasts während des Fluges kann eine entspannte Atmosphäre schaffen und die Aufmerksamkeit von der Angst ablenken.

Best case: Die Angst verschwindet von alleine

Flugangst kann von allein verschwinden, insbesondere wenn sie auf bestimmten Auslösern oder zeitlich begrenzten Stresssituationen beruht. Einige Menschen erleben beispielsweise Flugangst aufgrund eines traumatischen Erlebnisses, wie einem turbulenten Flug oder einer belastenden Situation im Zusammenhang mit dem Fliegen. In solchen Fällen kann die Angst mit der Zeit verblassen, insbesondere wenn keine weiteren negativen Erfahrungen folgen und sich die Person allmählich an den Gedanken oder die Realität des Fliegens gewöhnt.

Nicht jeder hat das Glück, dass die Angst von alleine geht. Oft bleibt sie bestehen, verstärkt sich oder wirkt sich auf andere Bereiche des Lebens aus, insbesondere wenn sie tiefer verwurzelt ist oder auf tieferliegenden Ängsten oder psychologischen Ursachen beruht. In diesen Fällen sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Warum es sich lohnt, die Angst zu überwinden oder sich mit ihr zu arrangieren

Durchschnittlich erleben wir Menschen 75 mal einen Frühling, einen Sommer, Herbst und Winter. Wollen wir diese kostbare Zeit wirklich der Macht unserer Angst überlassen? Vielleicht hilft es, sich diese Tatsache ganz konkret vor Augen zu führen. All die Schönheit dieser Welt, die nicht vor der Haustür liegt, soll verwehrt bleiben, nur weil ein irrationaler Gedanke das Reiseziel bestimmt?

Rationale Statistik zu guter Letzt 

  • Hohe Sicherheitsstandards: Die Luftfahrtindustrie unterliegt strengen Sicherheitsstandards und -prüfungen. Flugzeuge werden regelmäßig gewartet. Piloten und Crewmitglieder durchlaufen intensive Schulungen und regelmäßige Überprüfungen.
  • Statistische Sicherheit: Flugreisen gehören statistisch zu den sichersten Formen des Reisens. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, ist extrem gering im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln wie Autos oder sogar Fahrrädern.
  • Verbesserungen in der Technologie: Die Technologie und Sicherheitsvorkehrungen in Flugzeugen werden ständig verbessert. Moderne Flugzeuge verfügen über hochentwickelte Navigations-, Kommunikations- und Sicherheitssysteme, die das Risiko von Unfällen weiter minimieren.
  • Erfahrene Crews: Die Besatzungsmitglieder an Bord von Flugzeugen sind hochqualifizierte Fachleute, die darauf trainiert sind, in Notfallsituationen zu reagieren. Sie sind in der Lage, mit unvorhergesehenen Ereignissen umzugehen und die Sicherheit der Passagiere jederzeit zu gewährleisten. Außerdem ist es wichtig, die Crew über die Angst zu informieren. So können sie die Passagiere bestens begleiten.
  • Transparente Berichterstattung über Unfälle: Im Falle eines Flugzeugunfalls wird eine gründliche Untersuchung durchgeführt, um die Ursache zu ermitteln und sicherzustellen, dass ähnliche Vorfälle in Zukunft vermieden werden können. 

Worst case: Wenn alles nichts nützt

Wenn die Flugangst nicht zu überwinden ist, bleibt nur, sie als Teil des Lebens zu akzeptieren und wunderbare Reiseziele mit anderen Verkehrsmitteln zu entdecken. Ein Buchtipp gegen ein Hadern mit der Situation: OH WIE SCHÖN IST PANAMA von JANOSCH

Über den Wolken

Fernab vom Alltagstreiben entfaltet die Welt ein Schauspiel der Proportionen. Städte für Puppen, Flüsse wie Fäden, das Meer unendlich weit. Die Freiheit zu fliegen, Hand in Hand mit dem Himmel – und das Paradies beginnt. (Malin Luv)