Die Ruhe vor dem Sturm – Idylle am Rande des internationalen Reitsports

London, Shanghai, Monaco, Riesenbeck. Merkwürdig? Keineswegs, denn tatsächlich war der Stadtteil von Hörstel in Westfalen im Juli eine Etappe der GLOBAL CHAMPIONS TOUR. Zwar ist Riesenbeck keine international bekannte Metropole, aber es darf vermutet werden, dass es die pferdefreundlichste Etappe der preiswürdigen Tour ist. Denn die herrliche Reitanlage am Fuße des Teutoburger Waldes ist ein Paradies für die vierbeinigen Sportpartner. Kein geringerer als Ludger Beerbaum hat die Anlage aufgebaut. Natürlich mit vielen anderen Menschen, würde der bescheidene Olympiasieger, Welt- und Europameister jetzt einwerfen. Selbstverständlich, aber federführend war er. 312 große Boxen in sechs festen Ställen, eine 40 x 80 Reithalle, weitläufige Wiesen, Sandplätze und als Herzstück ein Rasenplatz –übrigens der größte der gesamten Global Champions Tour – mit bestens gewachsener Münsteraner Bodenqualität.

Schon lange finden jährlich zahlreiche Turniere in Riesenbeck statt, auch die Europameisterschaften der Springreiter im Jahr 2021. Doch mit der Zusage der Touretappe haben sich die Veranstalter auf das nächste Level katapultiert und sich gleich für drei Jahre verpflichtet; mit der Option auf eine weitere Verlängerung um zwei Jahre. Geschäftsführer Karsten Lütteken freut sich auf alle Herausforderungen, auch in Kombination mit der U25-Meisterschaft. „Wir sind gefragt worden und wir haben es gemacht. Der FN war der Zeitpunkt im Jahr wichtig und der Titel soll etabliert werden. Es passt für uns auf jeden Fall.“

Das Gelände, auf dem das moderne Reitsportzentrum entstand, gehört Philipp Freiherr Heereman. Die Familie des Barons gilt seit jeher als pferdebegeistert und daher war es keine große Frage, dass Grund und Boden auf Erbpachtbasis überlassen wurden. 

Direkt ans Areal angrenzend findet sich das Parkhotel Surenburg, ebenfalls in adeligem Besitz. 

Im Rahmen des mehrtägigen Turniers im Juli durften sich Pressevertreter vom Schlossherrn persönlich eine Stunde durch den heimischen Wald führen lassen. Philipp Freiherr Heereman war in seinem Element, als er der kleinen Gruppe von seiner Herzensangelegenheit berichtete: dem aktiven Waldbau. Dass der Wald von größter Bedeutung für den Klimawandel ist, dürfte jedem bekannt sein. Aber weshalb die Abläufe im Wald gestört sind, wissen wenige. Nehmen wir als Beispiel den Borkenkäferbefall. Grund dafür ist Wassermangel. Seit 2018 schon gibt es zu wenig Wasser für den Wald. Es regnet einfach nicht genug rund um den Wald von Schloss Surenburg, dem Wohnsitz des Freiherrn und seiner Familie. „Eigentlich kann sich der Baum selbst gegen den Borkenkäfer schützen. Denn solche Eindringlinge hält er mit Harztropfen praktisch gefangen, er schließt sie ein und macht sie so unschädlich. Aber dieser Mechanismus funktioniert nicht mehr. Warum? Zur Bildung des Harztropfens benötigt der Baum Wasser. Davon hat er zu wenig, Harz kann nicht ausreichend produziert werden und der Schädling hat freie Bahn“, weiß Philipp Freiherr Heereman. Und da Fichten bei Wasserknappheit besonders gefährdet sind, ist ihr Bestand großflächig zurückgegangen. „Für die Zukunft ist es wichtig, dass wir mit sorgfältiger Forstwirtschaft gegen den Klimawandel agieren. Wir brauchen eine Mischung und nicht wie noch vor Jahren Baumbestände der selben Art, damit die Abholzung bequemer ist.“ Robuste Bäume wie Eichen und Buchen werden dann mit Douglasien, also Kiefergewächsen, nachbarschaftlich verbunden sein. Der Kreis zum Pferdesport schließt sich, indem der Baron an die Ursprünge des Pferdesports erinnert: „Unser Sport ist im Grünen zuhause.“

Und wie war sie nun, die Riesenbeck-Etappe der Global Champions Tour? Karsten Lütteken war erstmal vor allem glücklich, nein „super glücklich und ganz happy, dass das so gelaufen ist“. Auch was die Zuschauerzahlen angeht, war das Fazit positiv: „Das war gut, besonders bei den Sitzplätzen, die überdachten Tribünen waren sehr schnell ausverkauft. Gestern 5000 und heute 6000″, erzählte er am Finaltag erleichtert. Und nicht nur beim Geschäftsführer machte sich Zufriedenheit breit. Reiter, Zuschauer, Aussteller, Veranstalter, Pressevertreter und das Team von Riesenbeck International waren voll des Lobes in Hinblick auf dieses Pferdesportevent. Könnte man die Hauptakteure fragen, sie würden sich mit einem zufriedenen Grummeln anschließen.

Bei allen guten Seiten, die das Turnier mit sich brachte, ist nicht zu vergessen, dass die Global Champions Tour ob der hohen Preisgelder, den Zugangsbestimmungen, den Auswirkungen auf den lokalen Pferdesport und den Veränderungen der Sportkultur häufig in der Kritik stand. Spannend zu hören, was Ludger Beerbaum auf unsere Frage dazu antwortet: 

„Wir haben ja  neben dem traditionellen Sport der letzten Jahrzehnte, auch Nationenpreise und Championate, die ein Stück weit von den Verbänden unterstützt und auch subventioniert werden. Der Reitsport ist gewachsen, dass wir ja sehen müssen, dass wir Westeuropäer, auch durch die Globalisierung, gucken müssen, dass es eben auch viele andere Kontinente und Länder gibt, die im Sport mitmachen wollen. Und Gott sei Dank haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten andere Serien, u. a. die wohl interessanteste, die Global Champions Tour etabliert, die vielen anderen Reitern, die in Westeuropa und bei Nationenpreisen gar keine Startmöglichkeit bekommen, so die Chance bieten auf 5-Sterne-Niveau zu reiten. Am freien Markt sind Subventionen ein Stück weit schwierig, bei einigen Nationen unmöglich. Und dann gibt es Serien, die das versuchen hinzubekommen und dabei wird reflektiert, wie der ganze Sport funktioniert. Dass da vermögende Leute sind, die in Pferde und Reiter investieren, in ihre eigenen Kinder in gute Pferde mit talentierten Reitern, die dann eine Chance bekommen. Das ist so wie der Sport nun mal funktioniert, auch auf der klassischen Schiene gibt es ja Mäzene und insofern habe ich da nicht das schlechteste Gewissen, das sportlich mitzumachen und auch zu veranstalten.“

Sehr zufrieden mit dem Debut: Ludger Beerbaum

Über Ludger Beerbaum:

Auch wenn in allen Gazetten der Republik zu lesen steht, dass Ludger Beerbaum auf einem Esel das Reiten gelernt hat, wollen wir jetzt mit dem schönen Märchen aufräumen und der Wahrheit alle Ehre geben.

 

„Den Esel hat´s schon gegeben. Er stand für ein paar Wochen bei Graf Metternich in Adelebsen im Stall. Ich habe aber keine dreimal auf ihm gesessen“, sagt Ludger Beerbaum. Die Wahrheit über die reiterlichen Anfänge des erfolgreichsten aktiven Springreiters der Welt ist aber auch nicht schlecht: Vater Horst wollte seinen achtjährigen Sohn im örtlichen Reiterverein zum Unterricht anmelden. Doch der hatte Angst und wollte nicht. Dass er dennoch zur Reiterei gekommen ist, hat er einem Freund zu verdanken, der ihn einfach mit in den Stall genommen hat.

Bald schon war das Talent erkannt. Ludger machte seinen Weg über eine Förderung, die für ihn genau richtig war: Mit der Stute Wetteifernde hatte er ein talentiertes Springpferd unterm Sattel, seine Stationen bei dem zu früh gestorbenen Hermann Schridde und später bei Paul Schockemöhle waren ausschlaggebend für eine beispiellose Karriere. Vier olympische Goldmedaillen hat er gewonnen – so viele Nationanpreise für Deutschland bestritten wie kein anderer. Bei Olympia gab es dramatische Momente. 1988 siegte er mit der Mannschaft auf einem geliehenen Pferd (The Freak), nachdem sich sein eigenes Pferd Landlord verletzt hatte. 1992 musste er am Samstag noch von einer in Panik umher galoppierenden Classic Touch abspringen, nachdem der Zügel gerissen war. Anderntags war er Einzel-Olympiasieger. 1996 gewann das deutsche Team die Mannschaftswertung souverän, Ludger hatte mit Ratina Z die besten Chancen, nochmals eine Einzelmedaille zu gewinnen. Doch vor dem Einzelfinale ging sie lahm! Aus der Traum, der 1997 dann doch noch mit dem Gewinn der Europameisterschaften in Mannheim ein Jahr später in Team- und Einzelwertung ein gutes Ende fand. 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney waren Ludger und Goldfever am Start – und mussten das Streichergebnis liefern. 2004 dann der Tiefpunkt für Ludger. Die Salbe Soderm mit 1 mg Bethametason, die gegen Goldfevers Mauke helfen sollte, katapultierte ihn aus der Olympiawertung. Es wäre eine weitere Mannschafts-Goldmedaille gewesen. Heutzutage ist die Salbe erlaubt. 2008 kam die deutsche Mannschaft ohne Blumentopf aus Hongkong zurück. Zu diesen Erfolgen gesellten sich 16 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften, davon acht goldene. Die letzte stammt aus dem Jahr 2015 und wurde mit dem Team bei der Heim-EM in Aachen erritten – im selben Jahr feierte er seinen 100. Start für eine deutsche Nationenpreis-Mannschaft.

Aufregend auch der Themenbereich Doping/ verbotene und erlaubte Medikation. Ludger äußerte sich wie immer, er sprach davon, dass das Regelwerk weltweit vereinheitlicht werden müsse. Auch sagte er, dass Dinge, die bisher erlaubt waren, inzwischen zu Recht verboten seien. Dazu steht er nach großer Kritik an seinen Aussagen, die ihm sogar als „Doping-Geständnis“ ausgelegt worden sind, noch immer. Im „International Jumping Rider Club“ kämpft er um die Rechte der Springreiter. Selbst siegen ist schön, was Ludger Beerbaum inzwischen auch gefällt, ist, seine Reiter zu trainieren. Seit 2015 hat er ein weiteres Betätigungsfeld gefunden. Gemeinsam mit Constantin Freiherr Heereman hat er ein großes Reitsportzentrum gebaut: Riesenbeck International. Dort werden Turniere ausgetragen, Lehrgänge und Seminare abgehalten. Ludger Beerbaum will sein Wissen weitergeben. Immer zum Wohle der Pferde! – das ist sein großes Anliegen. Aus diesem Grund entstand im Mai 2014 auch die Ludger Beerbaum Produkte GmbH, über die Kraftfutter und Nahrungergänzer für Pferde unter dem Markennamen „Ludgers“ verkauft werden. Ludger ist nicht glücklich, wenn sein Tag nicht komplett ausgefüllt ist. Er kümmert sich um Reiter und Pferde, handelt mit erfolgreichen Springpferden, hat eine große und erfolgreiche Hengststation, ist für die rechte seiner Kollegen unterwegs und immer begehrt bei den Medien. Gemeinsam mit dem schweizer Uhrenhersteller Longines und der Vorsitzenden von Beijing Dashing Equestrian Cultural CO Ltd., Jing Li, ist Ludger seit 2016 Initiator der Longines World Equestrian Academy. Die Akademie hat sich zum Ziel gesetzt, den Springsport in China durch Lehrgänge und professionelle Unterstützung zu fördern. Das angebotene Programm wurde von Ludger Beerbaum entwickelt, es wird von einem Team von professionellen Experten unter seiner Führung umgesetzt. Zum Glück hat der vielbeschäftigte Reiter seine Familie immer ganz nah bei sich. (Quelle: Biografie Ludger Beerbaum Stables)

Über die Global Champions Tour:

Die Global Champions Tour (GCT) ist eine hochkarätige internationale Turnierserie im Pferdesport, die sich auf den Springsport konzentriert. Diese Tour wurde 2006 von Jan Tops, einem ehemaligen niederländischen Springreiter, ins Leben gerufen. Die GCT umfasst eine Reihe von Etappen oder Turnieren, die auf der ganzen Welt stattfinden, und sie zieht einige der besten Springreiter und Pferde aus verschiedenen Ländern an.

Die GCT zeichnet sich durch mehrere Merkmale aus:

  1. Prestige und Preisgeld: Die GCT-Turniere sind für ihre hohen Preisgelder bekannt. Sie bieten den Reitern die Möglichkeit, beträchtliche Geldsummen zu gewinnen, was die Tour zu einer attraktiven Option für professionelle Springreiter macht.

  2. Standortvielfalt: Die GCT-Turniere finden an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt statt. Dies ermöglicht es Reitern und Pferdebesitzern, an internationalen Wettbewerben teilzunehmen und in verschiedenen Umgebungen und vor unterschiedlichem Publikum zu reiten.

  3. Exklusivität: Die Teilnahme an der GCT erfordert in der Regel eine Einladung oder eine Qualifikation, und die Startplätze sind begrenzt. Dies trägt zur Exklusivität der Tour bei und verleiht den teilnehmenden Reitern einen besonderen Status.

  4. Schnelle und spannende Wettbewerbe: Die GCT-Turniere zeichnen sich oft durch anspruchsvolle Parcours aus, die auf Schnelligkeit und Präzision abzielen. Die Wettbewerbe sind oft spannend und ziehen sowohl Reitsportfans als auch allgemeines Publikum an.

  5. Prominente Teilnehmer: Aufgrund der hohen Preisgelder und des hohen Prestiges der GCT-Turniere zieht die Tour einige der bekanntesten und erfolgreichsten Springreiter der Welt an.

Die Global Champions Tour hat dazu beigetragen, den Springsport auf internationaler Ebene zu fördern und das Interesse der Öffentlichkeit an diesem Sport zu steigern. Dennoch bleibt die Tour aufgrund der oben genannten Gründe und anderer Aspekte umstritten. (Quelle: KI)