„Ohne dieses Lebensgefühl zwischen Depression und Größenwahn kann ich kaum leben.“ Das hat FALCO einmal in einem Interview gesagt und die Produzenten von ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL lassen die Zuschauer genau diesen Zustand erleben. Doch wie konnte es so weit kommen? Falcos Heldenreise wird seit Oktober 2023 allabendlich auf der Bühne des Ronacher Theaters in Wien erzählt.

Falcos innere Zerissenheit war ein zentraler Aspekt seines Lebens und seiner Kunst. Auf der einen Seite war er ein kreatives Genie, das die Musikwelt mit seiner einzigartigen Stimme, seinem innovativen Stil und seinem Charisma eroberte. Auf der anderen Seite kämpfte er mit inneren Dämonen, Selbstzweifeln und einem ständigen Drang nach Selbstzerstörung. ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL schafft mit einer virtuosen Kreativität die Gratwanderung zwischen den psychischen Abgründen des Johann Hölzel und der noch immer währenden Faszination der Kunstfigur Falco.

Der Identitätskonflikt

Falco, geboren als Johann Hölzel, fühlte sich oft zerrissen zwischen seiner wahren Persönlichkeit und seinem öffentlichen Image. Er war ständig auf der Suche nach seiner eigenen Identität, was sich in seinen Songs und Texten widerspiegelte.

Kampf mit dem Ruhm

Obwohl Falco weltweit Erfolg hatte, fühlte er sich oft entfremdet und isoliert. Der Druck des Ruhms verstärkte seine inneren Konflikte und führte zu einem destruktiven Verhalten, das seine Karriere und sein persönliches Leben beeinflusste.

Kreative Unruhe

Falco war bekannt für seine künstlerische Experimentierfreude und seinen innovativen Stil. Doch diese Suche nach Neuem und Ungewöhnlichem war auch Ausdruck seiner inneren Unruhe und Unzufriedenheit. Er konnte nie stillstehen und war ständig auf der Suche nach dem nächsten kreativen Kick.

Selbstzerstörerisches Verhalten 

Falco kämpfte zeitlebens mit Suchtproblemen und einem ungesunden Lebensstil. Seine Exzesse und selbstzerstörerischen Tendenzen waren Ausdruck seiner inneren Zerrissenheit und seiner Unfähigkeit, mit seinen eigenen inneren Dämonen umzugehen.

Sehnsucht nach Authentizität 

Trotz seiner äußeren Erfolge sehnte sich Falco nach Authentizität und echten zwischenmenschlichen Beziehungen. Doch seine inneren Konflikte und sein exzentrisches Verhalten machten es ihm oft schwer, diese Sehnsucht zu erfüllen.

Aber gerade diese innere Zerissenheit war ein zentraler Bestandteil seiner Persönlichkeit und seiner Kunst. Trotz oder gerade wegen aller Herausforderungen und Selbstzweifel schuf er zeitlose Musik, die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt berührt hat und bis heute inspiriert.

Fangirl Momente

Eins vorweg: Ich, als deutscher Teenager,  bin damals mit FALCO aufgewachsen. Mein Zimmer war tapeziert mit Bravo-Starschnitten, Zeitungsartikeln, Postern und in der Ecke saß eine Voodoo Puppe, die aussah wie Isabella. Meine Schwärmerei für den Austro-Pop-Rapper muss für meine Familie schwer zu ertragen gewesen sein; beschwert hat sie sich nie. Unaufgeregt warte ich auf den Vorstellungsbeginn. Das fast komplett verspiegelte Bühnenbild hat etwas Futuristisches und wenig mit meinen nostalgischen Falcovibes zu tun. Als Frau um die 50 und ehemaliger Fan bin ich skeptisch. Was wissen die Macher und Darsteller schon von einer Geschichte, die vor ihrer Zeit spielte? Da wusste ich allerdings noch nicht, was für eine emotionale Achterbahnfahrt die kommenden knapp drei Stunden werden würden. Und wie gut alle Beteiligten „meinen“ Falco studiert hatten. Allen voran Moritz Mauser und Clemens Otto Bauer (beide FALCO-Darsteller durfte ich erleben – und nein, es ist nicht einer besser als der andere). FALCO lebt! kommt  mir in den Sinn, als die erste Pose in vollendeter Falcomanier entsteht und der Popstar zum Leben erweckt wird. Eins zu eins wie früher, der erste Flashback erwischt mich kalt. Das junge Mädchen sitzt in ihrem Zimmer, himmelt die Poster an und hört VIENNA CALLING, WIENER BLUT und DER KOMMISSAR. Eine 80-er Jahre Sehnsucht macht sich breit. Sehnsucht nach meiner Jugend, nach meinem Elternhaus und nach meiner seelenschmeichelnden Schwärmerei für Unerreichbares. Ich erlebe die Vorstellung wie in Trance, die Geschichte holt mich ab und entführt mich in mein eigenes Leben. Falco hält den Spiegel vor. Er lebt all das, was sich „Normale“ kaum zu Träumen wagen. Er ist mutig, furchtlos und ein Macher. Schnell wird klar, dass er nur durch  Hartnäckigkeit und Rebellion das bekommt, was er immer wollte: Ruhm. Dass der Preis dafür hoch und die Realität rau ist, weiß man. Aber wie eindrucksvoll ist es, wenn jemand vor den Augen der Zuschauer diesen Preis auf bezhahlt? Falco hat bezahlt. Mit allem, was dazu gehört. Allerdings nicht mit seinem Leben, da ist ihm ein Unfall zuvor gekommen. Wer weiß, was ihm erspart wurde und was gleichzeitig den Menschen und der Popkultur vorenthalten wurde? 

Ob sich diese Frage auch Christian Struppeck stellt? Buch und Entwicklung des Stücks stammen von ihm und wer weiß, vielleicht schwirren Falco-Utopien in seinem Kopf. ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL ist ein Gesamtkunstwerk und bringt Generationen zusammen, denn auch wer Falco nicht kennenlernen konnte, ist begeistert von dieser effektvollen, energiegeladenen und gleichzeitig tiefgründigen Musicalfassung. 

Das Ensemble

Ich kenne kein Stück, bei dem das Ensemble so oft und lange auf der Bühne ist wie bei ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL. Meist weiß gekleidet gehört es zur Inszenierung und ist nicht wegzudenken. In einzelnen Szenen machen es dann mit eindrucksvollen Kostümen auf sich aufmerksam und polarisiert. Eigentlich genau wie Falco selbst. Als harmoniesüchtiger Familienmensch auf der einen und der schrille Künstler auf der anderen Seite.

Das Bühnenbild

Stephan Prates entwickelte einen Falco Baukasten. Zimmer als Schubfächer zeigen die einzelnen Stationen der Legende und schaffen so vermeintliche Einblicke in Falcos Seelenleben. Seine Weggefährten finden sich darin wieder und gewinnen so mehr und dann wieder weniger Bedeutung. Die unzähligen verspiegelten Flächen stehen für die immer währenden Reflexionen und Sinnsuchen des Falcos  und des Hans Hölzels. Um die zwei Seiten noch drastischer darzustellen dient ein sieben Meter hoher drehbarer Kopf auf dessen Rückseite die denkende und manipulierende Schaltzentrale in Form von Falcos Alter Ego sitzt. 

Der Regisseur

Andreas Gergen inszenierte über 100 Opern, Operetten und Musicals. Er ist bekannt für seine kreative Vision, sein Gespür für Dramaturgie und sein Talent, die Essenz einer Geschichte auf der Bühne zum Leben zu erwecken. Und genau das gelingt gemeinsam mit einem starken Team bei ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL ganz wunderbar. 

Die Hits

Sie sind alle dabei: DER KOMMISSAR, JUNGE RÖMER, DANCE MEPHISTO, JEANNY, WIENER BLUT, VIENNA CALLING uns so viele andere. Vor allem der Nr. 1 Charthit in den USA aus der Feder von Rob & Ferdi Bolland ist nicht nur titelgebend sondern auch ein Ohrwurmgarant, der die Zuschauer noch bis spät in die Nacht ROCK ME AMADEUS denken lässt. 

Fazit

ROCK ME AMADEUS – DAS FALCO MUSICAL ist eine Hommage an einen Ausnahmekünstler, der seine Fans schonungslos an seinen Exzessen, Tiefpunkten und Höhenflügen hat teilnehmen lassen. Diese wahre Geschichte zieht Alt und Jung in ihren Bann und trägt sicherlich zur Unsterblichkeit bei. Es anzuschauen ist quasi ein Muss. 

Falcos Tod

Der 6. Februar 1998 war ein schwarzer Tag. Der Unfall ereignete sich nahe dem Dorf Puerto Plata in der Dominikanischen Republik. Falco war mit seinem SUV auf dem Weg zum Flughafen. Genauere Umstände sind nicht bekannt. Es wird angenommen, dass schlechte Wetterbedingungen und möglicherweise auch überhöhte Geschwindigkeit eine Rolle spielten. Falco war zum Zeitpunkt seines Todes 40 Jahre alt. Sein plötzlicher Tod erschütterte die Musikwelt und seine Fans weltweit und hinterließ eine Lücke, die bis heute spürbar ist.

 

An einem letzten Tag An einem letzten Tag, in jenem schwindenden Licht, erhob sich Falco, ein Stern am Horizont der Nacht. Seine Heimatstadt pulsierte nichtsahnend, ein Herzschlag aus Neon. Sein Lächeln, ein Schatten vergangener Tage, erzählte Geschichten von Glanz und von Klage. Die Sonne neigte sich, ein letzter Flug des Falken, er wandelte, der einsame König des Lichts. Er erinnerte sich an die Bühnen, die er eroberte und an die Dämonen, die ihn stets umkreisten, beides ließ ihn nicht los, selbst an diesem letzten Tag. Die Melodien der Vergangenheit umfingen ihn zärtlich, ein Echo aus einer Welt, die er nie ganz verstand. Die Liebe, die er suchte, verloren in der Ferne, wie der Wind, der die Spuren seiner Träume verweht. Die Nacht brach herein, ein Schleier des Abschieds, und Falco stand am Ufer des Unbekannten. So ging er furchtlos in die Dunkelheit, die ihn schon lange berührte. Doch sein Erbe lebt weiter, ein Licht in der Nacht, sein letzter Tag, ein Vermächtnis, das niemals verblasst.

Fotos: Deen van Meer