CINDERELLA in Wuppertal (Foto: Björn Hickmann)

Wuppertaler coming of age im Märchengewand. So oder ähnlich lässt sich die  CINDERELLA der Wuppertaler Oper zusammenfassen. Obwohl die Fassung von Rodgers und Hammerstein schon mehrere Jahrzehnte alt ist, ist es mit der Inszenierung von  Christian Thausing gelungen, das Stück in die Jetztzeit zu transferieren. ELLA ist eine junge Frau, die sich den Schikanen ihrer Stiefmutter und den beiden Stiefschwestern fast widerstandslos ergibt. Über die Geschichte ihrer Eltern erfährt der Zuschauer so gut wie  nichts. Einzig, dass die Stiefmutter (Madame) Ellas Vater wegen des Geldes geheiratet hat. Nun ja und alles andere ist ja auch Geschichte. Ellas großes Plus ist ihre Freundlichkeit. Und dieser kann sich auch Prinz Christian nicht entziehen. Schlecht beraten von seinem Vertrauten Sebastian ist der Prinz auf dem besten Weg die Gunst seines Volkes zu verspielen. Da kommt Ella gerade recht um dem Prinzen zu zeigen, was wirklich wichtig ist und wie er das Ruder noch herumreißen kann um sein Volk in eine glorreiche Zukunft zu führen. Ella unterdes ist nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt, wie es junge Mädchen eigentlich sein sollten. Viel mehr besinnt sie sich mit der Gunst der guten Fee Marie darauf die Probleme der anderen zu lösen. So kommt es dann auch, dass sie selbst der bösen Stiefmutter verzeiht und sogar mit einer ihrer Schwestern Freundschaft schließt. Alles ein wenig zu schön um wahr zu sein? Vielleicht. Aber auch gerade im turbulenten Weltgeschehen eine sehr tröstliche Vorstellung, dass mit viel mehr Freundlichkeit selbst verhärtete Fronten in Nächstenliebe umschlagen können. 

Susann Ketley verleiht der Titelrolle Charme und eine gewisse Reife. Die Folkwang-Absolventin spielt eine unaufgeregte, souveräne Cinderella, die weit weg ist von naiven Aschenbrödel-Phantasien.  Gesanglich überzeugt die junge Frau ebenfalls auf ganzer Linie.

Jonas Hein mimt den eher blassen Prinzen. Christian ist weit davon entfernt, ein Herrscher zu sein. Erst mit Ella an seiner Seite schafft er den Sprung an die Spitze seines Volkes. Dennoch versteht es Jonas Hein sein Können unter Beweis zu stellen. Seine gesangliche Klasse spielt er aus, sobald die Inszenierung ihm die Möglichkeit dazu gibt. 

Für mehr Ecken und Kanten sorgen Madame und ihre Töchter. Stefanie Smailes als böse Stiefmutter bringt Glamour und Boshaftigkeit auf die Bühne und avanciert so zum Publikumsliebling. Genau wie ihr Gegenstück, die gute Fee Marie. Gundula Hintz singt mit großen Gesten und in oppulentem Gewand. Sie versprüht Oprerettenflair. 

Die Schwestern Gabrielle und Charlotte, humorig  und grotesk gespielt von Gioia Heid und Edith Grossmann, sorgen für eine Prise Komik.

Mark Bowman-Hester als Sebastian berät den Prinzen in auffälligem Kostüm und fantastischer Perücke. Seine roten Locken wippen im Takt zum auffälligen Gang und seine mitreißende Sprechstimme macht Freude auf die skurrile Rolle. 

Dustin Smailes spielt die Rolle des Jean-Michel. Ein junger Mann, der zwar mittellos aber dafür umso verliebter in Gabrielle ist. Eine etwas undankbare Rolle, die aber mit pointierter Bühnenpräsenz zum Hingucker wird. 

Beim Bühnenbild (Hana Ramujkic) kamen erstmalig Module eines wiederverwendbaren Systems zum Einsatz. Mit dem Projekt MODULAR STAGE ZERO legt die Oper Wuppertal die Grundlage für eine langanhaltende, nachhaltige Bühnenpraxis. 

Der Opernchor, der Jugendclub und das Sinfonieorchester der Wuppertaler Bühnen unter der Leitung von Johannes Witt machen die Aufführung zu einer rundum gelungenen Darbietung. Die wunderschöne Musik wird durch die Vielzahl der Musiker zu einem besonderen Genuss und das große Ensemble in leuchtenden Kostümen (Devi Saha) entführt in eine Märchenwelt, die viele Zuschauer vielleicht längst vergessen haben. Dabei steckt doch in jedem von uns ein kleines Stück CINDERELLA. 

Ella und Prinz Chris tanzen bis zum 30. März 2024

Noch neun Termine stehen bis Ende März auf dem Spielplan der Wuppertaler Oper. Ein Märchen nicht nur für die Weihnachtszeit, denn Toleranz und Freundlichkeit stehen das ganze Jahr oben auf der Liste der Tugenden.