ALCINA – facettenreiches Frauenbild an der Oper Wuppertal

Georg Friedrich Händels knapp 290 Jahre alte Oper ALCINA präsentiert sich dank Regisseurin Julia Burbach alles andere als eingestaubt im Wuppertaler Opernhaus. Das Werk um Liebe und Verrat, um Treue und Eifersucht gilt seit Jahrhunderten als Juwel der Opernliteratur und in der glanzvollen Klangwelt Händels Musik entfaltet sich eine besondere Magie. Jeder Ton scheint ein Zauber zu sein, der die Hörer in eine Welt der Emotionen entführt, die von tiefer Leidenschaft bis zu verzweifelter Betrübnis reicht. Bühnenbild und Kostümen (Cécile Trémolières) gelingt eine Gratwanderung zwischen Barock und Neuzeit. Ein Spiel auf verschiedenen Ebenen schafft eine klare Abgrenzung der Epochen und dennoch eine stete Präsenz der modernen Strukturen. 

Das Ensemble in Wuppertal

Die Charaktere werden in Wuppertal von einem meisterhaften Ensemble zum Leben erweckt.

Margaux de Valensart ist als ALCINA die mächtige Zauberin und Titelfigur. Verführerisch und manipulativ nach außen, im Innern doch zerrissen und abhängig von der Gunst Ruggieros. Zunächst, denn Margaux de Vaslensart verleiht der ALCINA vor allem zum Ende der Oper einen Tiefgang, der das heutige moderne Bild der Frau prägt. Gesanglich ist sie eine mehr als würdige Hauptakteurin.

Subin Park als MORGANA begeistert das Wuppertaler Publikum vom ersten Erscheinen an. So glaubhaft verkörpert sie die Liebe auf den ersten Blick zum vermeintlichen Ricciardo und im zweiten Akt dann die desillusionierte Frau, um die neue Gunst ihres verschmähten Oronte buhlend. Auch musikalisch ist die junge Frau, die Mitglied im Opernstudio NRW ist, ein Highlight der Wuppertaler Aufführung. Szenenapplaus und Brava-Rufe begleiten ihre Performance bis zum mehrere Minuten anhaltenden stehenden Schlussapplaus.

Randall Scotting spielt einen wechselhaften RUGGIERO. Der amerikanische Countertenor ist an zahlreichen großen Opernhäusern der Welt als Gast engagiert und verkörperte den Ruggiero u. a. an der Seattle Opera. Als Countertenor allein schon etwas Besonders, versteht es der Künstler im Wuppertaler Ensemble die Damen an seiner Seite glänzen zu lassen. 

Edith Grossman als BRADAMANTE aka Ricciardo hat während der zweieinhalbstündigen Aufführung viel zu tun. Kostüm- und Charakterwechsel stehen mehrmals an und die Zuschauer fragen sich, wie es wohl hinter den Kulissen zugehen muss, dass der eben noch abgegangene Ricciardo einen Wimpernschlag später in Kleid und mit langem blonden Haar als Bradamante selbstsicher die Bühne betritt. 

Sander de Jong mimt den etwas lost wirkenden ORONTE so überzeugend, dass das Publikum mit einer Mischung aus Mitleid und Empathie seine dezenten Bemühungen um SEINE Morgana begleitet. Der niederländische Tenor ist als Gast in Wuppertal.

Erik Rousi spielt die Rolle des Melisso, der zunächst unscheinbar, dann aber das Gadget schlechthin präsentierend: den Ring der Wahrheit. Durch die Stärke seines Bassbariton stellt der in Finland geborene Rousi das Gegenstück zum hohen Countertenor dar und füllt den Opernsaal mit wärmenden Klangwogen. 

Das Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung von Dominic Limburg durchlebt ALCINAS Gefühlswelten auf beeindruckende Weise und beschert dem Publikum einen musikalischen Hochgenuss. Der Opernchor der Wuppertaler Bühnen taucht wie von Zauberhand im ersten Rang auf und fängt die mystische Stimmung in Alcinas Zaubergarten wahrlich getreu ein. 

Julia Burbach stellt mit ihrer Interpretation der ALCINA die diffusen Gefühlslagen einer Frau in den Vordergrund und nutzt um sie besser darzustellen einen Geniestreich: Fünf Tanzende spiegeln Alcinas psychische Verfassung wieder und umgeben die Titelfigur mit herausragenden Choreographien (Cameron McMillan und Ben Wichert). Christian Paul, Narumi Saso, Noah Tepe, Sarah Katharina Becher und Neva Silenko verzaubern durch ihre tänzerische Darstellungskunst und entführen die Zuschauer in eine Welt jenseits von Raum und Zeit bzw. Alter und Vergänglichkeit. Und auch Alcina erkennt zum Schluss, dass es unnötig ist, sich über einen Mann an ihrer Seite zu definieren. Sie bleibt als starke Frau allein zurück und scheint genau darin Zufriedenheit zu finden. 

Fazit: ALCINA an der Oper Wuppertal ist ein absolut sehenswertes Gesamtkunstwerk.

Über die Handlung

Eintauchen in eine Welt voller Glanz und Magie, wo die Liebe wie ein funkelnder Diamant strahlt, aber auch Täuschung und Intrigen lauern. Das ist die Welt von „Alcina“!

In dieser faszinierenden Barockoper von Georg Friedrich Händel begegnen wir der mächtigen Zauberin Alcina, die Männer mit ihrem betörenden Charme verführt und sie dann in Tiere oder Gegenstände verwandelt, wenn ihr ihre Liebe vergeht. Sie lebt auf einer zauberhaften Insel, die voller Geheimnisse und Illusionen ist.

Mitten in diesem Reich der Magie finden wir Ruggiero, einen tapferen Ritter, der von Alcinas Schönheit und Zauberei gefangen genommen wird. Er vergisst seine Verlobte Bradamante und stürzt sich Hals über Kopf in Alcinas verlockende Welt.

Aber Bradamante gibt nicht auf! Verkleidet als Mann macht sie sich auf den Weg, um Ruggiero zu retten. Doch das ist nicht so einfach, denn Alcina und ihre Schwester Morgana stellen sich Bradamantes Plänen in den Weg und setzen alles daran, Ruggiero für sich zu behalten.

Es gibt Liebesschwüre, Verwandlungen, verwirrende Verwechslungen und am Ende sogar ein bisschen Zauberei! Doch wer wird am Ende die Oberhand behalten? Wird die wahre Liebe siegen oder werden die Intrigen von Alcina und Morgana die Liebenden für immer trennen?

„Alcina“ ist eine atemberaubende Reise durch eine Welt voller Leidenschaft und Magie, die das Publikum mit ihren mitreißenden Melodien und ihren faszinierenden Charakteren verzaubert.

Georg Friedrich Händel

Georg Friedrich Händel, ein Name, der in der Musikgeschichte wie ein leuchtender Stern erstrahlt! Dieser brillante Komponist des Barockzeitalters hat mit seinen melodischen Meisterwerken die Herzen der Menschen über Jahrhunderte hinweg erobert.

Händel war ein wahres musikalisches Genie, das mit einer unerschöpflichen Quelle an Kreativität gesegnet war. Seine Kompositionen waren von einer außergewöhnlichen Vielfalt geprägt, von feierlichen Oratorien bis hin zu leidenschaftlichen Opern, von majestätischen Orgelwerken bis hin zu anmutigen Kammermusikstücken.

Sein Werk ist ein Spiegel seiner Zeit, geprägt von prächtigen Hofzeremonien und dem aufblühenden Kulturbetrieb des barocken Europas. Doch Händels Musik spricht nicht nur von seiner Zeit, sondern auch von zeitlosen menschlichen Emotionen – von Liebe und Leidenschaft, von Freude und Trauer.

Ein Höhepunkt seines Schaffens sind zweifellos seine Opern, die mit ihren mitreißenden Melodien und dramatischen Handlungen das Publikum in den Bann ziehen. Wer könnte jemals die epische Pracht von „Messiah“ vergessen oder die bezaubernde Schönheit von „Water Music“?

Händel war nicht nur ein begnadeter Komponist, sondern auch ein Meister des Geschäfts. Er verstand es, sein Publikum zu begeistern und seine Werke mit großem Erfolg aufzuführen. Seine Musik war nicht nur für die Eliten bestimmt, sondern auch für das breite Publikum zugänglich.

Selbst im hohen Alter ließ die Kreativität dieses außergewöhnlichen Mannes nicht nach. Mit bewegenden Werken wie „Theodora“ und „Jephtha“ hinterließ er der Welt ein Vermächtnis, das bis heute die Herzen der Menschen berührt.

Georg Friedrich Händel war mehr als nur ein Komponist – er war ein Visionär, dessen Musik die Grenzen der Zeit überschreitet und Generationen von Musikliebhabern inspiriert. Sein Name wird für immer in den Annalen der Musikgeschichte verewigt bleiben, als einer der größten Komponisten aller Zeiten.

Was ist ein Countertenor?

Ein Countertenor ist ein Mann mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit: Er singt in einem unglaublich hohen Tonbereich, der normalerweise mit Frauenstimmen assoziiert wird. Aber: Ein Countertenor erreicht diese Höhen nicht durch Falsett, sondern durch die Nutzung seiner natürlichen Stimme in einem speziellen Register.

Diese Stimme ist wie eine magische Brücke zwischen den Welten, die die Zartheit und Reinheit einer Frauenstimme mit der Kraft und Tiefe eines männlichen Baritons verbindet. Sie kann sanft wie eine Feder sein und gleichzeitig mit einer kraftvollen Strahlkraft erfüllen.

Ein Countertenor ist ein wahrer Virtuose, der die Herausforderung annimmt, in einem Bereich zu singen, der für Männerstimmen ungewöhnlich ist. Von barocken Arien bis zu zeitgenössischen Stücken kann ein Countertenor mit seiner Stimme eine Vielzahl von Emotionen ausdrücken und das Publikum in seinen Bann ziehen.

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