Nach 29 Jahren sagt MISTER CHIO „Tschüss!“
Als Pferdepfleger hat Frank Kemperman angefangen, sich unter anderem in den Aachener Stallungen um die edlen Vierbeiner gekümmert.
Schon als Kind zieht es ihn zu den Pferden – durchaus gegen den elterlichen Willen, sein Vater sah ihn eher auf dem Fußballplatz. Doch schon damals setzte er sich durch und ging seinen Weg. Später hat er in Pressestellen von Reitsportveranstaltungen gearbeitet, war Manager eines Fußballvereins, hat Olympische Spiele in verantwortlicher Position mitorganisiert und sein Geschäft auf diese Weise, das kann man wirklich so sagen, von der Pike auf gelernt. Sein Fachwissen ist riesig. Nicht nur, was den Sport angeht. Auch in technischen Fragen kennt er sich blendend aus, Glasfaser und Doppeloxer – Kemperman weiß über beides Bescheid. Er, der aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Nimwegen stammt, ist zudem international hervorragend vernetzt. Aber seine vielleicht wichtigste Eigenschaft ist eine andere: Er nimmt das Leben nicht zu ernst, vor allem sich selber nicht. Was denn nun der neue Vorstand am dringlichsten lernen müsse, wurde Frank Kemperman dieser Tage gefragt. Die Antwort war typisch „Kempi“: „Es sind halt Deutsche – sie können lange nicht so gut Fahrrad fahren wie ich.“ Mit Humor durchs Leben zu gehen, das ist sein Credo.
„Tot ziens en welkom!“, Tschüss und Willkommen, ruft ALRV-Präsidentin Stefanie Peters dem scheidenden Vorstandsvorsitzenden in seiner Landessprache zu. Denn aus dem Vorstandsvorsitzenden Frank Kemperman wird nun der Aufsichtsrat Frank Kemperman. „So ganz lassen wir ihn nicht gehen, wir wollen seine Erfahrung und Expertise nicht missen“, erläutert Peters. Kemperman wird als Vizepräsident ihr Stellvertreter in dem Gremium werden. Insbesondere das aktuelle Projekt der Flächenerweiterung inklusive des so dringend benötigten Hallen-Neubaus trage seine Handschrift. „Unser Ziel ist es, dieses Projekt gemeinsam umzusetzen“, so Peters.
Mit großen Baumaßnahmen kennt Kemperman sich aus. Im Vorfeld der WM Aachen 2006 wurde die Turnieranlage in der Aachener Soers modernisiert. Und, na klar, es sind auch diese Weltmeisterschaften Aachen 2006, die er bei der Frage nach seinem persönlichen Highlight in fast drei Jahrzehnten nennt. Diese Begeisterung, diese Atmosphäre, diese völlig euphorisierten Menschenmassen, die aus einer WM ein schier unglaubliches Fest gemacht hätten, das sei einmalig gewesen. In diesen Tagen im Sommer 2006, so Frank Kemperman, habe das Aachener Team der Geschichte des Pferdesports ein außergewöhnliches Kapitel hinzufügen dürfen.
Viele Kapitel waren es, die Frank Kemperman mitgeschrieben hat in den letzten Jahrzehnten. Der Ausbau des Turniergeländes, die digitale Transformation, die Entwicklung des Turniers von einem Reitturnier zu einem internationalen Event, all das trägt auch und vor allem Kempermans Handschrift. An den alles entscheidenden Anruf erinnert er sich noch gut. „Irgendwo in den Ardennen“ sei er unterwegs gewesen, als der damalige ALRV-Präsident Kurt Capellmann ihn angerufen habe und ihm den Job beim renommierten Aachen-Laurensberger Rennverein antrug. „Erst habe ich noch gestaunt, dass die Deutschen einen Niederländer als Geschäftsführer wollen“, schmunzelt er, aber dann habe er voller Überzeugung zugesagt und im September 1993 seinen Job begonnen.
Wenn Frank Kemperman von seinem Schreibtisch aus nach rechts schaut, sieht er den letzten Vorbereitungsplatz der Springreiter. Von hier aus reiten die Besten der Welt in die legendäre Aachener Arena ein. Schaut er – während des CHIOs – nach vorne, sieht er die Kaffeebar, die insbesondere von den Sportlern gerne genutzt wird. Ganz nah dran am Sport, mittendrin sein, immer ein Ohr für die Aktiven und insbesondere auch für die Grooms, die Pferdepfleger – das war und ist ihm ein großes Anliegen. Ebenso wie die Förderung der Jugend, ein Engagement, das der CHIO Aachen in den letzten Jahren stetig ausgebaut und vorangetrieben hat. „Als junger Opa finde ich das doppelt gut“, sagt Kemperman.
„Frank hat eine Ära geprägt“, sagt Michael Mronz, Geschäftsführer der Aachener Reitturnier GmbH, man habe immer vertrauensvoll und inspirierend zusammengearbeitet. „Deswegen freue ich mich besonders darüber, diese Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat Frank Kemperman fortsetzen zu dürfen“, so Mronz. Und fast noch schöner sei doch der neue Hauptjob als „Opa Frank“, schmunzelt Mronz.
Wehmütig ist „Kempi“ nicht, wenn er erzählt. Eher voller Freude, viel für den CHIO und den Sport erreicht zu haben. Und nun mehr Zeit für die Familie, insbesondere für Enkeltochter Florentine zu haben. „Ich hab’s toll gehabt hier beim CHIO“, sagt er. Nun sei es an der Zeit, dass die Verantwortung vollständig auf den neuen Vorstand mit Birgit Rosenberg und Philip Erbers übergehe. Auch wenn „mir der Abschied natürlich nicht leichtfällt“, so Kemperman. Vielleicht versucht er sich als Gärtner, das ist zumindest die Idee seiner Frau, auch wenn er nach eigenem Bekunden eine Blume nicht von Unkraut unterscheiden könne. Seine Identifikation mit CHIO und ALRV ist riesig: „Wenn ich bisher „uns“ gesagt habe, meinte ich den CHIO. Das gab immer Knatsch mit meiner Frau.“ Zumindest das könnte nun besser werden, wenn es schon mit dem Gärtnern nichts wird. Tot ziens, Kempi!