Der CHIO 2025 ist seit gestern Geschichte. Seine über 100-jährige Tradition schützt das Weltfest des Pferdesports nicht vor den Rückschlägen der Branche.

Namen wie Helgstrand, Dujardin oder Ward sorgten in der Vergangenheit immer mal wieder für schlechtes Image in punkto Tierwohl. Aufnahmen, die in den jeweiligen Stallungen gemacht wurden, lieferten unverrückbares Beweismaterial, dass der Umgang mit dem doch ach so geliebten Vierbeiner eben diese Liebe nicht widerspiegelte. Und so hatten es die Veranstalter auch im Vorfeld der diesjährigen Veranstaltung in Aachen mit Gegnern und Aktivisten zu tun. Berechtigte Kritik oder der Versuch den Ruf einer Institution zu beschädigen? Darüber scheiden sich die Geister. Nicht erst seit die langjährige Stadionmoderatorin und Pferdeinfluencerin Annica Hansen ihrem Job beim CHIO den Rücken kehrte, überdenken einige Pferdefreunde den Umgang mit dem Sportpartner Pferd. Wünschenswert ist, dass jeder bei seinem eigenen Schützling im Heimatstall mit den Verbesserungen anfängt. Mal ehrlich! Wo hat ein Pferd 24/7 Heu zur Verfügung? Wo wird die Balance zwischen Bewegung und Ruhe gefunden bzw. wo ist diese überhaupt umsetzbar? Wie individuell ist die Fütterung auf das jeweilige Pferd abgestimmt? Und wo bleibt die Zeit einfach nur Pferd zu sein? Antiquar sind zum Glück die Zeiten, in denen Montags noch Stehtag war und die Pferde 23 Stunden in Verschlägen vor sich hin vegetierten, aber dennoch besteht in vielen Ställe Verbesserungsbedarf. Von den weltweit geschundenen Kreaturen wie Blutstuten, misshandelten und vernachlässigten Pferden ganz zu schweigen.

Zurück zum CHIO, dem angesehensten Turnier der Welt. Wie sieht es hier mit dem Umgang mit den Tieren aus? Ist Turnierreiterei überhaupt noch zeitgemäß? Wie steht es um den Wirtschaftsfaktor Pferd? 

Marcus Ehning, einer der erfahrensten deutschen Springreiter, sagte im Interview beim CHIO: „Ein solches Turnier sucht auf der Welt seinesgleichen. Es sind viele junge Reiter zum ersten Mal hier und sind begeistert von den Bedingungen für die Pferde für Ort.“ Damit sind nicht nur die gemauerten Stallungen gemeint, sondern auch die Beschaffenheit der Böden, die medizinische Versorgung und – in diesem Jahr besonders wichtig – der Umgang mit schwankenden Temperaturen. So weit zum Tierwohl der äußeren Umstände. Weiter geht es auf den Vorbereitsungsplätzen. Diese werden von FEI Stewards beaufsichtigt, die das Recht haben einzuschreiten, wenn Reiter sich nicht regelkonform verhalten. Nun könnte man diskutieren, ob regelkonform gleichzusetzen ist mit Pferdefreundlichkeit. Fakt ist: Es wurde vom Verband reagiert. 

Wollen wir tatsächlich darüber diskutieren, ob Turniersport noch zeitgemäß ist? Unbedingt!

Denn hierbei geht es nicht um Ausnutzung – schwarze Schafe gibt es immer und überall – es geht um Partnerschaft, um Verantwortung und Fürsorge. Denn kaum ein Lebewesen wird so umsorgt und versorgt wie die Sportpferde. Die aufopferungsvolle Arbeit der Pferdepfleger ist einen eigenen Artikel wert.

Des Weiteren geht es um Herausforderung auf Augenhöhe für Mensch und Tier, um Gleichberechtigung und um kulturelles Erbe. Alles so wichtige und immer aktuelle Themen. Im Reitsport sind alle vereint. Tierschutz wird ernst genommen und Perspektiven nachhaltig weiterentwickelt. Da kann sich manch andere Sportart eine Scheibe von abschneiden. 

Natürlich spielt der Wirtschaftsfaktor Pferd eine immense Rolle. Warum auch nicht? Nur so bleibt die Welt in Bewegung. Wir sprechen hier von knapp 7 Milliarden Euro jährlichem Umsatz – in Deutschland. Weltweit sind es grob geschätzt 350 Milliarden US-Dollar. Pferdesport und -haltung sichern direkt und indirekt rund 300000 Arbeitsplätze, davon 90000 Vollzeitstellen.

Und das alles mit dem Sport- und Lebenspartner Pferd. Laut der FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung) leben in Deutschland 1,25 Millionen Pferde. Davon sind unzählige der Lebensinhalt ihrer Besitzer. Sie tun alles für ihre Pferde. So schmunzelt man über Sätze wie „Ich gehe mal eben zum Stall“ oder „Ich muss noch kurz zum Pferd“. Für Nichtreiter: mal eben und kurz gibt es im Zusammenhang mit Pferden einfach nicht. 

Und warum laufen nun die Fäden beim CHIO Aachen zusammen?

Weil sie sich hier alle treffen. Wirklich alle! Die Funktionäre, Sponsoren und Mäzene, die oft noch per Handschlag lukrative Geschäfte im streng kontrollierten VIP-Bereich machen; die besten Reiter der Welt, für die ein Sieg in Aachen auf der Bucket List steht; die Promis, die dem Weltfest des Pferdesport zur Media Night einen besonderen Touch geben und nicht selten der königliche Besuch, der sich als Repräsentant des jährlich wechselnden Partnerlandes ansagt – in diesem Jahr war es Elena von Spanien, die älteste Schwester des Königs.

Julia Klöckner, Hendrik Wüst und Herbert Reul vertraten die Politik in diesem Jahr. 

Aber am wichtigsten sind diejenigen, ohne die der CHIO nicht zur größten Sportveranstaltung Deutschlands würde: rund 370000 Zuschauer, die bei 37 Grad und praller Sonne (Dienstag und Mittwoch) die Tribünen genauso füllen wie bei 17 Grad und Regengüssen (Sonntag). Sie alle kommen um Pferdesportgeschichte beizuwohnen. Das CHIO ist ein Garant, um die Geschichtsbücher zu füllen. Wenn den großen Dressurpreis ein Newcomer im internationalen Dressursport und Aachen Debütant gewinnt (das gilt für Pferd und Reiter) und den legendären „Großen Preis von Aachen“ ein Springreiter 21 Jahre nach seinem Onkel (Markus Fuchs) abräumt, ist das Stoff genug für die nächsten Kapitel. Wir sprechen hier von Justin Verboomen mit seinem erst neunjährigen  ZONIK PLUS und Martin Fuchs mit LEONE JEI. 

Kurz vor dem legendären Abschied der Nationen (dieser weltweit einmaligen Marotte zum Ende eines jeden CHIO, bei der jeder mit einem weißen Taschentuch zu „Muss i denn zum Städele hinaus“ winkt) bringt es Sportchefin Birgit Rosenberg bei der letzten Pressekonferenz mit einem Satz auf den Punkt: „Danke an die fantastischen Pferde.“

Geschäftsführer Michael Mronz betont in seinem Social Media Post: „Das Herzstück neben den Reitern, Pferden und Besuchern sind aber auch die rund 1.000 Ehrenamtler, ohne die ein solches Event nicht funktionieren würde. Und auch denen ist egal, ob die Sonne scheint oder es aus Kübeln schüttet – mit ihrer immer offenen, hilfsbereiten und sympathischen Art vertreiben sie den Regen und bringen Sonne in die Herzen der Menschen.“

Ein klares JA also als Antwort auf unsere Frage in der Headline.

Der CHIO ist das Maß aller Dinge im internationalen Pferdesport. Doch bei dem besten Bemühen um die Spitzenpferde dieser Welt möchten wir den legendären Satz des langjährigen Stadionsprechers Hans Heinrich Isenbart um ein Wort abwandeln und als Appell an die Pferdewelt verstanden wissen:

VERGESSEN SIE ALLE PFERDE NICHT!

(Hans Heinrich Isenbart galt als Botschafter des Reitsports. Er war über Jahrzehnte die Stimme des CHIO und er entließ das Publikum zum Ende stets mit den Worten: „Und vergessen Sie die Pferde nicht!“)

Die Weltmeisterschaften 2026

Im kommenden Jahr wird es keinen regulären CHIO geben, denn im August finden die Weltmeisterschaften in sechs Pferdesportdisziplinen in auf dem CHIO Gelände statt: Dressur, Para-Dressur, Springen, Fahren, Vielseitigkeit und Voltigieren. 

Vom 22. bis 24. Mai wird es einen Mini-CHIO geben; TSCHIO genannt (so nennen die Aachener ihren geliebten CHIO).

Karten für den TSCHIO gibt es hier …

Und für die WM 2026 hier …


The CHIO 2025 is in the books. Its more than 100 years of tradition cannot protect the World Equestrian Festival from the setbacks facing the industry.

Names such as Helgstrand, Dujardin, and Ward have repeatedly given the industry a bad image in terms of animal welfare in the past. Footage taken in the respective stables provided irrefutable evidence that the treatment of these beloved four-legged animals did not reflect this love. And so, in the run-up to this year’s event in Aachen, the organizers had to deal with opponents and activists. Justified criticism or an attempt to damage the reputation of an institution? Opinions are divided on this. Not only since long-time stadium presenter and horse influencer Annica Hansen turned her back on her job at the CHIO, some horse lovers are rethinking how they treat their equine sports partners. It is desirable that everyone starts making improvements with their own protégés in their home stables. Let’s be honest! Where does a horse have hay available 24/7? Where is the balance between exercise and rest found, or where is it even possible to achieve this? How individually tailored is the feeding to the respective horse? And where is the time for horses to simply be horses? Fortunately, the days when Mondays were still standing days and horses vegetated in stalls for 23 hours are a thing of the past, but there is still room for improvement in many stables. Not to mention the creatures that are abused worldwide, such as broodmares, mistreated and neglected horses.

Back to the CHIO, the most prestigious tournament in the world. How are the animals treated here? Is tournament riding still appropriate in this day and age? What about the economic factor of horses?

Marcus Ehning, one of Germany’s most experienced show jumpers, said in an interview at the CHIO: “There is no other tournament like this in the world. Many young riders are here for the first time and are enthusiastic about the conditions for the horses on site.” This refers not only to the brick stables, but also to the condition of the ground, the medical care and – particularly important this year – the handling of fluctuating temperatures. So much for animal welfare in terms of external conditions. Let’s move on to the warm-up areas. These are supervised by FEI stewards, who have the right to intervene if riders do not behave in accordance with the rules. Now one could argue whether compliance with the rules is synonymous with horse-friendliness. The fact is: the association has responded.

Do we really want to discuss whether competitive sport is still appropriate in this day and age? Absolutely!

Because this is not about exploitation – there are black sheep everywhere – it is about partnership, responsibility, and care. Hardly any other living creature is cared for and looked after as much as sport horses. The self-sacrificing work of grooms is worthy of an article in its own right.

Furthermore, it is about challenges on an equal footing for humans and animals, about inclusivity and cultural heritage. All of these are important and always relevant topics. Everyone is united in equestrian sports. Animal welfare is taken seriously and perspectives are developed sustainably. Many other sports could learn a thing or two from this.

Of course, horses play an immense role as an economic factor. And why not? It’s the only way to keep the world moving. We are talking about an annual turnover of almost 7 billion euros – in Germany alone. Worldwide, the figure is roughly estimated at 350 billion US dollars. Equestrian sports and horse husbandry directly and indirectly secure around 300,000 jobs, 90,000 of which are full-time positions.

And all this with the horse as a sporting and life partner. According to the FN (German Equestrian Federation), there are 1.25 million horses living in Germany. Countless of these are the raison d’être of their owners. They do everything for their horses. So you smile at sentences like “I’m just going to the stable” or “I just have to go to the horse.” For non-riders: there is no such thing as “just” or “quickly” when it comes to horses.

And why does everything come together at the CHIO Aachen?

Because everyone meets here. Really everyone! The officials, sponsors, and patrons, who often still do lucrative business with a handshake in the strictly controlled VIP area; the best riders in the world, for whom a victory in Aachen is on their bucket list; the celebrities who add a special touch to the World Equestrian Festival at Media Night; and, not infrequently, the royal visit, who announces themselves as representatives of the annually changing partner country – this year it was Elena of Spain, the king’s eldest sister.

Julia Klöckner, Hendrik Wüst, and Herbert Reul represented the political sphere this year.

But most important of all are those without whom the CHIO would not be Germany’s biggest sporting event: around 370,000 spectators who fill the stands in 37-degree heat and blazing sunshine (Tuesday and Wednesday) just as they do in 17-degree weather and pouring rain (Sunday). They all come to witness equestrian history. The CHIO is guaranteed to fill the history books. When the Grand Dressage Prize is won by a newcomer to international dressage and Aachen debutant (this applies to both horse and rider) and the legendary “Grand Prix of Aachen” is won by a show jumper 21 years after his uncle (Markus Fuchs), that’s enough material for the next chapters. We are talking about Justin Verboomen with his nine-year-old ZONIK PLUS and Martin Fuchs with LEONE JEI.

Shortly before the legendary Farewell of the Nations (this globally unique tradition at the end of every CHIO, where everyone waves a white handkerchief to the tune of “Muss i denn zum Städele hinaus”), sports director Birgit Rosenberg sums it up in one sentence at the final press conference: “Thank you to the fantastic horses.”

Managing Director Michael Mronz emphasizes in his social media post: „In addition to the riders, horses, and visitors, the heart of the event is the approximately 1,000 volunteers, without whom such an event would not be possible. And they don’t care whether the sun is shining or it’s pouring with rain – with their always open, helpful, and friendly manner, they chase away the rain and bring sunshine into people’s hearts.“

So the answer to our question in the headline is a resounding YES.

The CHIO is the benchmark for international equestrian sport. But despite all the efforts to showcase the world’s top horses, we would like to modify the legendary phrase of long-time stadium announcer Hans Heinrich Isenbart and make it an appeal to the equestrian world:

DON’T FORGET ALL THE HORSES!

(Hans Heinrich Isenbart was considered an ambassador for equestrian sports. He was the voice of the CHIO for decades and always dismissed the audience at the end with the words: “And don’t forget the horses!”)

The 2026 World Championships

There will be no regular CHIO next year, as the World Championships in six equestrian disciplines will take place at the CHIO grounds in August: dressage, para-dressage, show jumping, driving, eventing, and vaulting.

From May 22 to 24, there will be a mini-CHIO called TSCHIO (that’s what the people of Aachen call their beloved CHIO).