Distanzen und andere Hindernisse – wenn die Ruhe auf den Rängen stört
Dass „definitiv etwas fehlt“ empfanden nicht nur die Ehrenamtlichen des CHIO Aachen, auch für Aktive und Gäste hätte es viel mehr sein können. Und für Sponsoren und Veranstalter wohl erst recht…
300 Zuschauer hatten Corona bedingt nur Platz auf den Rängen im Deutsche Bank Stadion. Dort – eigentlich das Zuhause der Dressurreiter beim berühmten CHIO – fand an drei Tagen ein kleines, feines internationales Springturnier für die Elite der Szene und die jungen, vielversprechenden Nachwuchsathleten statt. Die Bedingungen für Reiter und Pferde sind top; Aachen like. Turnierdirektor Frank Kempermann weiß: „Der Boden ist optimal, auch die Reiter waren begeistert.“
Normalerweise finden über 40000 Zuschauer im großen Hauptstadion Platz, aber was ist schon normal in diesem Sommer? „Es waren fantastische drei Tage. Wir waren froh, wieder ein Turnier organisieren zu können.“
Gespenstische Stille im Stadion
Ohne Frage hätte es allen noch besser gefallen, wenn die gespenstische Stille auf den Rängen nicht gewesen wäre und die Titel auf dem heiligen Rasen im Hauptstation hätten ersprungen werden können; aber Reiter sind eher pragmatisch. Sie finden sich mit Gegebenheiten ab und hadern nicht. Viel zu oft müssen sie improvisieren, organisieren und neu planen, da die Verfassung der vierbeinigen Athleten an allererster Stelle stehen muss; damit steht und fällt die Teilnahme an einem Turnier.
Das Areal in der Aachener Soers so idyllisch zu erleben wird hoffentlich in die Geschichte eingehen und sich so nicht wiederholen. Finanziell können die Veranstalter den Schaden in diesem Jahr nach eigener Aussage verkraften, aber auf Dauer wäre eine Veranstaltung wie diese nicht tragbar.
Das Hygienekonzept – eine Herausforderung
Die Herausforderung Aachen 2020 haben alle gemeinsam angenommen und umgesetzt. „Das Schwierigste an der ganzen Veranstaltung war für uns das Hygienekonzept. Ein Event veranstalten – das können wir, wir haben viel Knowhow und sehr erfahrene Mitarbeiter, aber ein Hygienekonzept auf die Beine zu stellen, das ist neu für uns gewesen. Wir haben uns lange und intensiv mit Behörden und Experten abgestimmt, aber letztlich hat es sehr gut geklappt. Und jeder akzeptierte es, trug eine Maske, desinfizierte die Hände und hielt Abstand. Wir haben viel gelernt“, erzählt der Turnierchef.
CHIO AACHEN 2021 in 290 Tagen
Der internationale Pferdesport in der Soers dürfte für dieses Jahr beendet sein. Jetzt liegt der Fokus auf dem Weltfest des Pferdesports 2021. Das findet schließlich schon in ziemlich genau 290 Tagen statt. Vom 25. Juni bis 4. Juli 2021 trifft sich die Reiterelite beim CHIO Aachen und misst sich wieder in fünf Disziplinen (Dressur, Springen, Fahren, Vielseitigkeit und Voltigieren). Sollte TOKIO 2020 planmäßig nachgeholt werden können, wäre der CHIO 2021 die Generalprobe. So oder so, es bleibt spannend.
Pressematerial vom Veranstalter zu den beiden Hauptprüfungen beim AACHEN INTERNATIONAL JUMPING…
AHLMANN SIEGT VOR DEUSSER
Die deutschen Top-Reiter machten es spannend im STAWAG-Preis, der wichtigsten Prüfung am Samstag beim Aachen International Jumping. Letztlich siegte Christian Ahlmann vor Daniel Deußer, Steve Guerdat aus der Schweiz wurde Dritter.
Die Stimmung war großartig am zweiten Tag des Aachen International Jumping. Immerhin 300 Zuschauer dürfen ins 6300 Besucher fassende Deutsche Bank Stadion, sie machten aber ordentlich Lärm und sorgten so für einen würdigen Rahmen auf dem altehrwürdigen Turniergelände in der Aachener Soers. Kein Wunder, dass der Sieger es „einfach nur unglaublich schön“ findet, in Aachen reiten zu können. „Es ist toll, wieder hier zu sein, ein Riesendankeschön an die Veranstalter“, so Christian Ahlmann. Zuvor hatte er es im Sattel von Mandato van de Neerheide mächtig spannend gemacht. Insbesondere vor dem dritten Sprung im Stechen „wusste ich nicht, was ich wollte, aber Mandato hat das dann übernommen, keine Ahnung, wie wir da rübergekommen sind“ schmunzelte Ahlmann nach dem Wackler. Mit dem Sieg hat Ahlmann sich auch selbst überrascht, denn mit seinen acht Jahren sei Mandato noch sehr jung. Vielleicht ein Rolex Grand Prix-Sieger für die CHIOs der Zukunft.
MAIKEL VAN DER VLEUTEN SIEGT BEIM AACHEN INTERNATIONAL JUMPING
Dieser Sieg im Allianz-Preis beim „Aachen International Jumping“ war eine niederländisch-brasilianische Co-Produktion. Denn die entscheidenden Hinweise bekam Sieger Maikel van der Vleuten vom brasilianischen Reiter Marlon Modolo Zanotelli. Zweiter wurde Schwedens Henrik von Eckermann vor Julien Epaillard aus Frankreich.
Es war ein XXL-Stechen mit 21 Paarungen, schwierig, sich da eine Taktik zurechtzulegen. Dazu kam: „Ich konnte kaum etwas vom Stechen sehen“, so Maikel van der Vleuten. Super, wenn man da gute Kumpels hat, denn „mein Freund Marlon Zanotelli hat mir noch Tipps gegeben“, so van der Vleuten. Maikel van der Vleuten kennt Aachen bestens, etliche Male ist er beim CHIO gestartet, aber eben drüben im Hauptstadion und natürlich auf Gras. „Aber das Deutsche Bank Stadion ist auch toll und obwohl nur so wenige Zuschauer zugelassen waren, war die Atmosphäre super. Alle Reiter haben es genossen, wieder hier zu sein“, so der Niederländer. Van der Vleuten siegte im Sattel des zehnjährigen Beauville Z, den er zum ersten Mal mit nach Aachen gebracht hat – „für den CHIO war er bislang zu unerfahren, aber zukünftig wird er mir noch richtig viel Freude machen.“
Mit Peter Pan kam Henrik von Eckermann auf Platz 2, „klar hätte ich auch gerne gewonnen“, schmunzelte der Schwede. Aber zweimal habe er auch Glück gehabt, „da haben wir die Stange touchiert, und wenn du dann unter 21 Startern im Stechen Zweiter wirst, ist das doch klasse.“ Julien Epaillard war rundum glücklich, vor allem die Atmosphäre hatte es ihm angetan: „Das war richtig klasse, eine Freude, hier zu reiten“, so der Franzose, der Safari D Auge mit nach Aachen gebracht hatte.
Bester Deutscher war Altmeister Ludger Beerbaum, der mit seiner erst achtjährigen Stute Mila auf Platz 6 ritt. „Da hätte ich nie und nimmer mit gerechnet, hier als bester Deutscher aus dem Parcours zu gehen“, so Beerbaum. Und man merkt ihm an, wie sehr auch nach all‘ den Jahren im Profizirkus noch das Feuer in ihm brennt: „So ein Pferd auf dem Weg nach oben begleiten zu dürfen, das ist etwas ganz Besonderes.“
Glückliche Gesichter auch bei den Organisatoren: „Es waren fantastische drei Tage. Wir waren sehr froh, wieder ein Turnier organisieren zu können. Hier wieder großen Sport zu erleben, war gut für den Reitsport, aber auch gut für das Herz. Nun schauen wir nach vorne: In 292 Tagen beginnt der CHIO Aachen. Hoffentlich im Hauptstadion unter normalen Bedingungen“, so Turnierdirektor und ALRV-Vorstandsvorsitzender Frank Kemperman.
Eine besondere Überraschung gab’s dann noch für den Sieger: Die niederländische Nationalhymne wurde bei der Siegerehrung live gespielt vom Sinfonieorchester Aachen unter der Leitung von Aachens Generalmusikdirektor Christopher Ward – würdiger Abschluss eines Turniers, bei dem irgendwie alles anders war und „wir alle superhappy sind, dass die Aachener das hier gemacht haben“, so Beerbaum.