Das Weltfest der Pferdesports, der CHIO AACHEN 2024, ist Geschichte. Wer hätte gedacht, dass es nur ein paar Wochen vor den Olympischen Spielen in Paris ein Weltfest der Emotionen werden würde?
Viele Reiter, die in Paris an den Start gehen werden reisten mit der sogenannten „zweiten Garnitur“ oder überhaupt nicht an. Die zwei- und vierbeinigen Cracks sollten lieber geschont werden, um sich der im Sportlerleben wohl wichtigsten Prüfung zu stellen. Nicht so im deutschen Lager der Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitsreiter. Vor allem in der Dressur sollten im Rahmen des CHIO AACHEN die Olympiaplätze final vergeben werden. Das und die Tatsache, dass es sich beim Weltfest des Pferdesports um das größte und bei unzähligen Reitern um das beliebteste Reitturnier der Welt handelt, machten die zehn Tage in der Aachener Soers zu einem Weltfest der Emotionen.
SPRINGEN: Sieger im GROßEN PREIS André Thieme und CHAKARIA
„Ich liebe dieses Pferd genauso wie meine Frau“, sagt André Thieme nach seinem fulminanten Ritt. Dass die 14-jährige Fuchsstute mit der eigenwilligen Zeichnung das Herzenspferd des charmanten Reiters aus Plau am See ist, ist längst kein Geheimnis mehr. „Sie ist die liebste Seele im Stall. Und sie hat mir schon unzählige tolle Momente geschenkt. Aber heute ist ein Kindheitstraum wahr geworden.“ Seine Stimme verrät Rührung und Dankbarkeit.
Dennoch hat sich Bundestrainer Otto Becker gegen eine Olympia-Teilnahme des Aachen-Siegers entschieden. Waren die Leistungen des 49-Jährigen doch im Nationenpreis mit zweimal einem Abwurf in den Umläufen nicht ausreichend gewesen.
Allzu traurig ist André Thieme nicht. Durch seinen Sieg hat er im September die Möglichkeit beim Springen in Calgary viel Geld (rund eine Million) zu gewinnen – ein weiterer erster Platz vorausgesetzt. Der aufmunternde Kommentar seiner zweibeinigen Herzdame Corinna Thieme zur geplatzten Olympiateilnahme und der neuen Chance in Calgary: „Geh und verdiene uns ein bisschen Geld.“
Zweiter im GROßEN PREIS wird der US-Amerikaner Mclain Ward mit seinem Pferd ILEX. Für Richard Vogel, der insgesamt vier Prüfungen in Aachen gewonnen hatte und somit das Glück zu pachten schien, und UNITED TOUCH wurde es der dritte Platz, nachdem im Stechen die letzte Stange fiel; der Schnellste war er …
DRESSUR: Oh Wendy … Team Werth, Wendy, Wandt im Glück
„Ich habe schon viele besondere Momente erlebt, aber heute war ein sehr besonderer.“ Isabell Wert, die erfolgreichste Dressurreiterin der Welt, zeigt sich ungewohnt emotional bei der Pressekonferenz nach ihrem eindeutigen Sieg des großen Dressurpreises beim CHIO AACHEN. Und genau diese Besonderheit lag in der Luft am sonnigen Sonntagmorgen im Dressurstadion der Aachener Soers. Rund 6300 Zuschauer erlebten eine Kür, die Dressurgeschichte schrieb. Isabell Werth hat ihre Newcomerin, die erst zehnjährige WENDY DE FONTAINE lediglich seit sechs Monaten als Tanzpartnerin. Die Rappstute wurde von dem wegen Tierquälerei beschuldigten und gesperrten dänischen Dressurreiter Andreas Helgstrand ausgebildet. Wendy-Besitzerin Bolette Wandt sagte auf die Frage, wie es zur Zusammenarbeit kam: „Ich war auf der Suche nach einem neuen Reiter und wen hätte ich eher fragen sollen, als die beste Reiterin der Welt?“ Nun ist die Stute im Mitbesitz von Madeleine Winter-Schulze, der langjährigen Mäzenin von Isabell Werth. Doch zurück ins Dressurstation: Barry Manilows OH MANDY versprüht bei den ersten Tritten gute Laune und jeder versteht auf Anhieb: der Song gilt heute der hübschen WENDY. Was nach der Grußaufstellung folgt ist eine Dressur-Kür der Extraklasse. Das Publikum wird Zeuge eines Rittes, der alles vereint, was im großen Sport zwar eigentlich erwartet wird, aber leider (noch) nicht an der Tagesordnung ist: Das Pferd ist durchlässig, es trägt sich sich selbst, die Anlehnung ans Gebiss ist vor der Senkrechten und die Hinterhand arbeitet mit. Wendy zeigt all das und noch mehr. Sie sieht zufrieden aus, ihr Gesicht ist entspannt, ja, man hat den Eindruck, sie freut sich an ihrer Aufgabe. Isabell Werth wird es später auf den Punkt bringen: „Dieses Pferd ist fantastisch. Sie fragt, was soll ich tun und dann geht’s los.“ Spätestens auf der letzten Mittellinie werden nicht nur Isabell Werths Augen feucht. Wendy piaffiert und passagiert frisch und fröhlich auf die Richter zu. In der letzten Pirouette blickt die Reiterin zum Himmel und das Publikum ist nicht mehr zu halten. Applaus brandet schon vor Ende der Prüfung auf und die Zuschauer springen von ihren Sitzen und zollen somit dem Respekt, was sie eben gesehen haben: Reiten auf allerhöchstem Niveau. Danke, Wendy! Danke, Isabell! Ach ja, den Grand Prix und den Special hatten die beiden Superstars übrigens auch gewonnen …
Deutsche Doppelspitze in der Vielseitigkeit
Olympiasiegerin Julia Krajewski und ihr Newcomer Nickel sind die Sieger des SAP-Cups 2024 mit 30,3 Minuspunkten. Platz zwei ging an U25-Nachwuchsstar Calvin Böckmann mit The Phantom Of The Opera. Letztere beendeten mit ihrem Dressurergebnis von 30,9 Minuspunkten. EQuiRatings powered by SAP hatte vor der Prüfung ausgerechnet: bei 420 Starts in den letzten Jahren gelang es nur 20 Paaren, die Prüfung mit Dressurergebnis zu beenden. Dieses Jahr kamen noch zwei hinzu, neben Calvin der Australier Christopher Burton mit Clever Louis, die am Ende Vierte wurden. Zwischen die beiden Deutschen und den Stilist von Down-Under schob sich Laura Collett auf Dacapo als beste Reiterin des Siegerteams Großbritannien.
Besucherrekord beim CHIO AACHE: 370000 Zuschauer
Sportchefin und Vorstandsmitglied im ALRV (Aachen-Laurensberger-Rennverein e.V.) Birgit Rosenberg trägt seit letzem Jahr die Hauptverantwortung für den Ablauf beim Weltfest des Pferdesports (wir berichteten) und zeigt sich mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. „Wir haben unglaublichen, atemberaubenden Sport erlebt. Wie ich schon nach der Dressur gesagt habe, wir können nur die Bühne bereiten. Aber ihr habt uns alles zurückgegeben mit super Ritten und großartigem Sport über die ganze Woche. Es war ein super Publikum, eine fantastische Atmosphäre in den voll besetzten Stadien. Wir hatten eine absolute Rekordzahl an Zuschauern: 370.000. Der Pferdesport ist sehr lebendig hier in Aachen.“
OLYMPIA 2024 – die Teams für Paris stehen fest
Diese Reiter machen sich auf den Weg zu den Olympischen Spielen:
SPRINGEN
Richard Vogel (Pfungstadt) mit United Touch S (12-jähriger Westfälischer Hengst v. Untouched – Lux, Besitzer und Züchter: Julius-Peter Sinnack, Pflegerin: Viola Felicia Wallin)
Philipp Weishaupt (Hörstel) mit Zineday (zehnjähriger Westfälischer Wallach v. Zinedine – Polydor (Besitzer: Alice Lawaetz und Philipp Weishaupt, Züchter: Franz-Georg Ottmann, Pflegerin: Lisa Fundis)
Christian Kukuk (Hörstel) mit Checker (zehnjähriger Westfälischer Wallach v. Comme il Faut – Come On (Besitzer: M.H. & Partner Gbr und Madeleine Winter-Schulze, Züchter: Wolfgang Kipp, Pflegerin: Sofie Karlsson)
Reserve:
Jana Wargers (Emsdetten) mit Dorette (15-jährige Oldenburger Stute v. Dollar du Murier – Fighting Alpha, Besitzer: Ashford Farm BVBA und Jana Wargers, Züchter: Stefan Leue, Pflegerin: Anna-Lena Lex).
DRESSUR
Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) mit TSF Dalera BB (17-jährige Trakehner Stute v. Easy Game – Handryk, Besitzerin: Beatrice A. Bürchler-Keller, Züchterin: Silke Druckenmüller, Pflegerin: Franziska Leonhardt)
Frederic Wandres (Hagen a.T.W,) mit Bluetooth OLD (14-jähriger Oldenburger Wallach v, Bordeaux – Riccione, Besitzer: Hof Kasselmann, Züchter: Gestüt Lewitz, Pfleger: Lars Ligus)
Isabell Werth (Rheinberg) mit Wendy de Fontaine (Dänische Warmblutstute v. Sezuan – Soprano, Besitzer: Chateau de Fontaine und Madeleine Winter-Schulze, Pflegerin: Stefanie Wiegard),
Reserve:
Ingrid Klimke (Münster) mit Franziskus FRH (16-jähriger Hannoveraner Hengst v. Fidertanz – Alabaster, Besitzer: Wilhelm Holkenbrink, Züchterin: Elisabeth Albers, Pflegerin: Carmen Thiemann).
VIELSEITIGKEIT
Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz (15-jähriger Selle Francais Wallach v. Diamant de Semilly – Voltigeur le Malin AA, Besitzer: Nikolaus Prinz von Croy, Züchter: M. Roger Sevette, Pflegerin: Daniela Ochmann)
Michael Jung (Horb) mit fischerChipmunk FRH (16-jähriger Hannoveraner Wallach v. Contendro I – Heraldik xx, Besitzer: Klaus und Sabine Fischer, Joachim Jung, DOKR, Züchter: ZG Meyer-Kulenkampff, Pflegerin: Jenny Brendel)
Christoph Wahler (Bad Bevensen) mit Carjatan S (15-jähriger Holsteiner Wallach v- Clearway – Galant Vert xx, BG Wahler & Thoenies, Züchter: Carl Friedrich Söhrmann, Pflegerin: Li Ann Kirchheim)
Reserve:
Julia Krajewski (Warendorf) mit Nickel (10-jähriger Holsteiner Wallach v. Numero Uno – Lorentin I, Besitzer: Sophia Rössel, Züchter: Hindrick Stüvel, Pflegerin: Sandra Decker).
SAVE THE DATE CHIO AACHEN 2025
Vom 27. Juni bis 6. Juli findet der CHIO AACHEN 2025 statt. Ein Klick auf das beeindruckende Foto von Andreas Steindl führt zum Ticketshop! Um es mit Stadionmoderator Arnaud Petit zu sagen: Bis bald bei den Pferden!